Lebensraum für Spiritualität und Begegnung

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Geh in die Stille

Eine Spiritualität und Gebete, welche die Menschen von heute ansprechen, damit sie sich mit ihnen identifizieren, sie glauben und aussprechen können, brauchen einen ganzheitlichen Blick, der sich intuitiv in ihnen ausdrückt und der die ganze Wirklichkeit aufscheinen lässt. Wirklichkeit, wie viele Menschen sie mittlerweile wahrnehmen, umfasst mehr Dimensionen als die Vertikale und die Horizontale. Sie umfasst das Innen und das Außen, sie umfasst das ICH und das DU, sie umfasst das WIR und das SIE. Erst wenn wir alle diese Dimensionen, die ich hier mit den uns gewohnten und bekannten Personalpronomen benannt habe, im Blick und in der Erfahrung haben, bekommen wir einen ganzheitlichen Bezug zu uns und zur Wirklichkeit. Erst wenn wir alle Aspekte des Lebens in der ersten, der zweiten und der dritten Person sehen und deuten lernen, wird es uns gelingen, in die Weite und die Freiheit, in das Verstehen und das Glauben im heutigen Sinne eines intergral-holistischen und transrationalen Welt- und Gottesbildes vorzudringen.

Geh in die Stille, und du wirst dich dort finden

Geh zu dir, und du wirst Gott dort finden

Geh zu Gott, und du wirst dich mitten in der Welt wiederfinden

Dieses Gebet führt uns in diese Dimensionen des Glaubens, des Lebens und der Wirklichkeit hinein mit Hilfe der Stille. Sie ist ein Ort, der uns diese Erfahrungen ermöglicht. Sie ist ein Ort, der in der religiösen Tradition und in der Geschichte der Spiritualität eine große Bedeutung gewonnen hat. Auch Jesus hat immer wieder die Stille als Ort der Angebundenheit an Gott gesucht. Die Tradition des kontemplativen Betens, die Tradition des Zen, die Tradition des monastischen wie des apostolischen Lebens, sie alle kennen die Stille als Mittel der Wahl, um sich, Gott und der Welt begegnen zu können. Stille wird in diesen Traditionen unterschiedlich ausbuchstabiert. Sie reicht von einem Lebensstil, der durch Abgeschiedenheit und tägliche äußere Stille geprägt ist, bis hin zur täglichen stillen halben Stunde, die dem stillen, dem kontemplativen oder dem meditativen Gebet gewidmet ist. Auch widmen sich Menschen in Exerzitien, in einer Zeit, die sie im Schweigen und in Stille verbringen, sich, ihren Lebensfragen, der Begegnung mit Jesus Christus und mit Gott. Längere Zeiten der Stille suchen und brauchen wir oft, wenn wir uns erschöpft, wenn wir uns nicht mehr stimmig erleben, wenn wir uns in einer Lebenskrise befinden, wenn wir auf der Suche nach der Lösung innerer Fragen sind. Stille ist hingegen nicht nur und ausschließlich ein spirituelles Wohlfühlprogramm für unsere Seele. Stille ist ein Ort, der uns für die beschriebenen Dimensionen unseres Lebens öffnen, uns in sie hineinführen, uns in ihnen leben lassen möchte, damit wir in neuer kreativer und dynamischer Art und Weise die Weite, die Möglichkeit, die Grenzen und die Freiheit des Lebens neu wahrnehmen und spüren können.

 

 

Geh in die Stille, und du wirst dich dort finden…

Hier braucht es Rückzug in die Stille und auf und in mich selbst, damit ich mich finden kann. Mich mit meinen Fragen und Nöten, mich mit meinen Gefühlen und Erfahrungen. Damit ich mich spüren lerne und so wahrnehmen kann, was mich bewegt, was meine Sehnsucht, was mein Suchen ist. Wenn ich mich ein Stück weit habe, wenn ich mich ein Stück spüre, wenn ich zu mir gekommen bin, dann kann ich mich für Gott öffnen.

 

Geh zu dir, und du wirst Gott dort finden…

Hier brauchte es den Rückzug, die Erfahrung der Innerlichkeit, das Bei-mir-Sein, um bei mir, um in mir Gott finden zu können. Es ist die innerste und beglückendste Erfahrung, die wir Menschen machen können. Gott, die Ganzheit des Lebens, die Weite des Lebens, den Sinn, das Aufgehobensein, die Heimat, die Verbundenheit mit dem Leben, mit Gott zu spüren und zu erfahren. Gott ist kein Lehrgebäude, Gott ist die eben beschriebene Erfahrung, aus der heraus ich mein Leben nach meinen Erfahrungen und Impulsen gestalte und lebe.

 

Geh zu Gott, und du wirst dich mitten in der Welt wiederfinden…

Wenn wir Gott erfahren, erahnt, erglaubt haben, dann führt diese Erfahrung zurück ins Leben. Dieses Zeugnis geben uns alle Mystiker:innen, dieses Zeugnis geben uns die Jünger:innen Jesu, dieses Zeugnis gibt uns Jesus selbst. Dieses Zeugnis geben uns viele Menschen, die diese Verbundenheit mit Gott, mit dem Leben erfahren haben. Gott stellt uns ins Leben, damit wir dem folgen können, was existentielles Leben ausmacht, nämlich der Wunsch, sich selbst zu übersteigen, um Sinn finden zu können. Wir haben gesehen, dass wir die ganze integrale Deklination der Personalpronomen brauchen, um ganz zu uns, um ganz zu Gott, um ganz ins Leben zu kommen. Ich/Du/Er/Wir/Ihr/Sie, diese wertvollen Ausdrucksformen unserer Sprache weisen uns auf die vielschichtigen Dimensionen unserer Wirklichkeit hin. In sie hineinzuwachsen, mit ihnen die Wirklichkeit und unser Leben zu deuten und zu verstehen, mit ihnen die Weite und die Komplexität des Lebens zu spüren und zu erfahren, dahin möchte uns die Stille, dahin möchte uns Gott, dahin möchte uns unser Leben in dieser Welt führen.

 

Sascha Heinze SAC

Erschienen in „das zeichen“ Juli/August 2022, Zeitschrift der Pallottiner

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