Welche Spiritualität bringt uns voran? Wo finden wir Glück? Wo finden wir Heil und Leben? Ein spiritueller Weg ist der Weg der Dankbarkeit.
Die kürzeste Formel des Christentums ist nach den Worten des Benediktinerbruders David Steindl-Rast die Dankbarkeit. “Die Feier des Dankes steht mit der Feier der Eucharistie (Anm., griech. für Danksagung) im Zentrum unserer christlichen Gemeinschaft.“ Dank fasse in “kompaktester Form” zusammen, was christliches Leben heiße, sagte der 96-jährige Mönch bei seinem Vortrag im Rahmen des Österreichischen Ordenstages 2019 in Wien. Und er sagt weiter: „Es ist nicht das Glück, das uns dankbar macht. Es ist die Dankbarkeit, die uns glücklich macht.“
Dankbarkeit also soll, kann uns glücklich machen? Dankbarkeit ist ein anderer Blick auf die Welt, auf mich selber. Dankbarkeit bringt mich in Kontakt mit dem Leben, mit dem Geschenkcharakter von vielem, was ich bekomme und empfange. Dankbarkeit birgt eine Offenheit für den Wert der Dinge, für den Wert des Erfahrenen.
„Da wurde sein Leib gesund wie der Leib eines Kindes und er war rein von seinem Aussatz. Nun kehrte er mit seinem ganzen Gefolge zum Gottesmann zurück, trat vor ihn hin und sagte: Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht ein Dankgeschenk an!“ So der Syrer Naaman nach seiner Heilung!Die Dankbarkeit zeigt Verbundenheit an. Die Dankbarkeit öffnet mich für das Leben, öffnet mich für größere Zusammenhänge und kann mich aus einem Egotunnel befreien. Dankbarkeit öffnet mich für den Wert des Augenblicks. Dankbarkeit bringt mich in eine Beziehung zu dem, was ich erlebe, was ich fühle und spüre, zu dem, was ich empfange.
Dankbarkeit kann mich auch in Zufriedenheit führen. Eine Zufriedenheit, die sich nicht als versteckter Fatalismus zeigt, sondern eine Zufriedenheit, die ich erlebe, weil ich mit dem Leben umgehen gelernt habe. Dankbarkeit, die in Zufriedenheit führt, kann auch eine Resilienz in Zeiten wie diesen sein. Dankbarkeit als Ausdruck von Resilienz. Sie bescheidet mich, sie erdet mich, sie lässt mich mit der Realität Frieden schließen, sie kann mir helfen, mit Unsicherheiten umzugehen. Erlernen, so Steindl-Rast, könne man die Dankbarkeit nur dann, wenn man Gelegenheiten des Stillehaltens suche – was in unserer sehr lauten und raschen Welt oft eine schwierige Aufgabe ist, wie Steindl-Rast bekannte, der u.a. Zen-Meditation betreibt. Erst die Stille ermögliche es, “hinzuschauen, hinzuhorchen und sich über die Gelegenheiten zu freuen, etwa an einem Atemzug”. Daraus gelte es dann das Handeln abzuleiten.
Sich über eine Gelegenheit freuen. Das bedeutet zu versuchen, ganz bei sich zu sein. Bei sich sein, ohne abgeschlossen und abgekapselt zu sein, sondern durch die Dankbarkeit offen zu sein für das Leben, das sich in jedem Augenblick ereignet. Vor allem auch in der Stille. „Die Stille und das Schweigen sind ein Sich-Hinablassen in die Tiefe des Geheimnisses, das wir Vater nennen. Aus dieser abgrundtiefen Stille kommt das Wort, Gottes fleischgewordener Sohn, und wenn wir Ihm mit unserem Handeln antworten, so ist es der Heilige Geist, der uns treibt und uns die Kraft dazu gibt.“ So Bruder David.
Und Jesus weist uns heute darauf hin, dass die Dankbarkeit mit Glauben zu tun hat. „Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samariter. Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.“
Dein Glaube hat dich gerettet, gerettet, weil er in die Dankbarkeit gegangen ist. Eine Dankbarkeit, die ihn in die Weite, in die Beziehung zum Leben, zu Gott gebracht hat. Dies ist das wahre Leben. Nicht allein die körperliche Heilung ist von Bedeutung für unser Leben, sondern die Haltung, in der ich sie deute, annehme und ihr begegne. Nämlich mit Dankbarkeit. Geheilt allein macht nicht unbedingt zufrieden. Wenn ich mich öffne für das Leben, wenn ich in die Dankbarkeit komme, wenn ich in eine Beziehung zum Leben geführt werde, dann bin ich nicht nur geheilt, sondern dann bin ich auch gerettet. „Dein Glaube hat dich gerettet.“ Dein Glaube, der dich über dich hinausgeführt hat, hinein in die Dankbarkeit. „Die kürzeste Formel des Christentums ist“ nach den Worten von David Steindl-Rast „die Dankbarkeit.“ Versuchen wir, uns in diese Haltung hineinzuleben. Sie kann für uns ein spiritueller Weg zu einem gelingenden und glücklichen Leben werden.
Sascha Heinze SAC