„Unsere Seligkeit besteht in der Erkenntnis Gottes, im Einswerden mit Gott. Der Weg zu diesem Einswerden mit Gott ist der Sohn und das Wort, das der Sohn uns anvertraut hat.“ So deutet Meister Eckhart die Stelle des heutigen Evangeliums.
Meister Eckhart sagt, dass auch wir diese Erkenntnis Gottes erlangen können – wie Jesus. Meister Eckhart sagt, dass auch wir eins werden können mit Gott – wie Jesus. Indem wir uns dem Sohn öffnen und selber Sohn, Tochter werden. Indem wir das Wort in uns aufnehmen, erwägen, verkosten und so unser Wort des Lebens daraus entstehen kann.
„Niemand“, so Jesus, „kennt den Vater nur den Sohn, und der dem es der Sohn offenbaren will.“ Jesu möchte uns durch sein Leben und sein Wort in diese Beziehung mit dem Vater, wie er es nennt, führen. Damit wir in dieser Beziehung erspüren, wie das Leben geht.
Wie kommen wir in diese Beziehung? Indem wir uns als Mensch annehmen lernen, eine Beziehung zu uns aufbauen, diese haben und halten können. Indem wir uns spüren, damit wir wahrnehmen, was sich in uns regt, zeigt und leben möchte. So lernen wir uns selbst, und so lernen wir Gott kennen.
Und es gehört dazu, sich an der Person Jesu zu orientieren, wenn jemand den christlichen Weg gehen möchte. „… und der, dem es der Sohn offenbaren will“, hat es eben geheißen. Jesus ist das Bild Gottes, es ist uns dank der christlichen Religion überliefert. Unsere Aufgabe heute ist es, diesen Jesus uns für heute zu erschließen, seine Offenbarung an uns im Heute zu verstehen. Damit er, wie er sagt, uns erquicken kann.
„Ich will euch erquicken.“ Jesus sagt: Ich will euch zum Leben erwecken, ich will euch neu beleben, stärken, erfrischen. Er legt uns keine schweren Lasten auf, er möchte uns helfen, damit unsere Last leicht wird. Wie kann eine schwere Last leicht werden? Jesu sagt: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“
Jeder und jede von uns trägt ein Joch, also mehr oder weniger schwere Lasten des Lebens mit sich herum. Manche Last ist schwer, weil sie biografisch, moralisch, kirchlich, erzieherisch aufgeladen ist, und so ihre Schwere ausmacht. Jesus legt uns ein anderes Bild für den Umgang mit uns und mit so schwerer Last vor: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“
Güte und Demut legt er uns vor. Zwei Haltungen, die unser Leben und die manche Schwere leicht machen können. Güte meint ein Wohlwollen, Nachsicht, Liebe uns selbst gegenüber. Uns mit Liebe ansehen, so wie Gott uns mit Liebe ansieht. Und Demut. Der Mut, hinabzusteigen in die eigene Seele. Sich sich selbst stellen lernen. Mich trauen, mich selbst zu sehen, wie ich bin. Auch mit meinen Abgründen, mit meinen Schatten, mit meinem tiefsten Schmerz, der oft meine größten Sehnsüchte hervorbringt.
Wenn wir uns der Güte und der Demut zuwenden, wenn wir versuchen, auch die dunklen, die schweren und die schmerzhaften Seiten in unser Leben zu integrieren, dann können wir vielleicht spüren, dass unsere Last leicht wird, so wie Jesus es verheißt, wenn wir uns auf diesen Weg einlassen. Und dann, so Jesus, „werden wir Ruhe finden für unsere Seele.“
Und Ruhe in unsere Seele ist die Voraussetzung dafür, dass wir ein freies, ein befreites, ein gutes Leben leben können. Nicht frei von Schmerz und Problemen, aber mit den Instrumenten eines adäquaten Umgangs damit. Heute mit dem Hinweis, ganz Sohn, Tochter in inniger Beziehung zu Gott zu sein. Um dadurch Güte und Demut leben zu können, damit unsere Lasten leicht werden. “Die Sehnsucht Gottes ist der lebendige Mensch.” So sagt es der heilige Augustinus. Hört sich das nicht fein an?
Sascha Heinze SAC