Um das Bewusstsein für die Bedeutung des interreligiösen Dialogs als Beitrag für den Frieden lebendig zu halten, begannen wir im Jahr 2006, 20 Jahre nach dem ersten Gebetstreffen der Religionen in Assisi, mit der Errichtung eines Friedenszeichens, das dann im September 2007 feierlich enthüllt wurde.
Jeden Mittwoch (sofern es das Wetter zulässt) versammeln wir uns vor diesem Zeichen zum Gebet für den Frieden und hören dabei auch Texte und Gebete aus den Überlieferungen der verschiedenen Religionen, je nachdem, welche Religionsgemeinschaft durch den interreligiösen Festkalender in unser Blickfeld gerückt wird.
Erstmals in der Geschichte trafen sich am 27. Oktober 1986 wichtige Vertreter aller großen Religionen in Assisi, um an einem Ort, zur selben Zeit im selben Anliegen des Friedens zu beten. Dieses Gebetstreffen der Weltreligionen gehört wohl zu den bedeutendsten Ereignissen in der jüngeren Kirchengeschichte.
Am 10. Mai 2006 hatten wir im Haus der Stille einen Studientag zum Interreligiösen Friedensgebet in Assisi vor 20 Jahren. Im Anschluss daran beschäftigte uns auch die Frage, ob wir nicht aus Anlass des 20. Jahrestages ein Zeichen zur bleibenden Ermahnung setzen sollten. Diese Frage des Friedens hat uns immer wieder beschäftigt, sodass wir uns schließlich entschieden haben, dieses Friedenszeichen zu errichten.
Der Künstler Thomas Resetarits hatte die Idee von 12 Stelen, die alle in Assisi vertretenen Religionen symbolisieren. Die verschiedenartigen Steine aus verschiedenen Kontinenten drücken die Verschiedenheit der Religionen und der durchgehend gleiche Farb-ton der Symbole das Verbindende aller Religionen aus. Eine zusätzliche Säule in der Mitte wurde bewusst für alle Menschen frei gelassen. Die Linie, auf der die Stelen stehen, versinnbildlicht den gesamten Erdkreis. Im Zentrum des Denkmals schwebt das Leitmotiv „Der Friede wartet auf seine Erbauer“ als Schriftzug über einer symbolischen Erdkugel.
Das Friedenszeichen bringt unsere Ehrfurcht vor den Menschen anderer Religionen zum Ausdruck. Es soll uns und alle, die hierher kommen, erinnern und ermahnen, dass wir gerufen sind, Brücken zwischen den Religionen und Kulturen zu bauen. Da wir immer mehr mit anderen Religionen in Berührung kommen, ist es wichtig, ehrfürchtig miteinander umzugehen. Möge dieses Friedenszeichen für die ganze Region und darüber hinaus ein ermutigendes Zeichen werden.
Dass das Friedenszeichen der großen Religionen der Welt beim Haus der Stille just zu einem Zeitpunkt enthüllt wurde, als in der Öffentlichkeit wieder sehr emotionell die Diskussion über den Bau von Moscheen und das Tragen von Kopftüchern diskutiert wurde, ist ein Zufall und doch auch keiner. Denn offen zu sein für die „Zeichen der Zeit“ war schon immer ein Markenzeichen vom Haus der Stille.
Beim Festakt zur Enthüllung am Samstag, dem 22. September 2007, strich P. Karl Maderner, der Gründer des Hauses und Projektleiter dieses Friedenszeichens, in seiner Eröffnungsrede die Tatsache heraus, dass wir immer mehr in Berührung mit anderen Religionen kommen, und dass dies ehrfürchtigen Umgang miteinander erfordere. „Es bleibt uns in den verschiedenen Konfessionen und Religionen nichts anderes übrig, als miteinander jene Probleme zu lösen, die wir alleine nicht hätten.“
Teil des Festaktes war auch eine Gedenkminute für das viele Leid und die unzähligen Opfer von Kriegen, Intoleranz und religiösen Auseinandersetzungen. Denn allein seit dem Ende des 2. Weltkrieges werden weltweit über 200 kriegerische Auseinandersetzungen aufgelistet. Immer wieder im Lauf der Geschichte und bis heute sind auch religiöse Differenzen Auslöser solcher Kriege oder werden durch diese Kriege geschürt.
Am Schluss der Feier drückte P. Karl Maderner vor den ca. 250 Festgästen, darunter auch Landtagsabgeordneter Peter Tschernko und die Bürgermeister und Pfarrer der umliegenden Gemeinden, den Wunsch aus, dass dieses Friedenszeichen von vielen Menschen weit über unsere Region hinaus gesehen werde, „aus Neugierde oder auch aus einer tiefen Friedenssehnsucht! Vielleicht wird der eine oder die andere doch davon bewegt, etwas für den Frieden zu tun und toleranter zu werden.“
In weiterer Folge erfuhr der Platz um das Friedenszeichen herum eine Ausgestaltung mit weiteren Elementen, die den Gedanken des Friedens unterstützen. Auch im Haus selbst wurde ein eigener “Friedensraum” geschaffen.
In Gegenwart von Dr. Hildegard Goss-Mayr wurde am 9. November 2008, dem Gedenktag an das Judenpogrom von 1938, im Haus der Stille in Heiligenkreuz am Waasen ein Friedensraum eröffnet. Dieser Raum dient der Vernetzung von Informationen über verschiedene Friedensinitiativen und ihre Arbeit (Pax Christi, Versöhnungsbund, Friedensforum, Friedensburg Schlaining, Amnesty International, CSI…) und will nach dem 2007 errichteten „Friedenszeichen der Religionen“ ein weiterer Impuls für alle Besucher im Haus der Stille zu Toleranz, Dialog und Versöhnung sein. Der Raum ist jederzeit öffentlich zugänglich und beinhaltet auch eine kleine Bibliothek mit Literatur zum Thema.
Beim Gottesdienst in der dicht gefüllten Franziskuskirche im Haus der Stille verwies Dr. Hildegard Goss-Mayr auf das Wort und Beispiel Jesu. In der Bergpredigt überwinde Jesus das Freund-Feind-Denken und zeige auf, dass die Trennungslinie zwischen Gut und Böse nicht zwischen Nationen oder zwischen einzelnen Menschen verläuft, sondern mitten durch jede und jeden von uns. „Das Freund-Feind-Denken ist durch Jesus, durch seine Botschaft in der Bergpredigt überwunden. Und deshalb weisen wir, so weit wir es vermögen, in unserem Leben Gewalt zurück, den Krieg, den Kriegsdienst, die Ausgrenzung, den Fremdenhass, die Ausbeutung, die Bereicherung auf Kosten anderer, die Dialogverweigerung.“ Im Geist Jesu sei es vielmehr, Türen zu öffnen, Mauern abzubauen, den Dialog zu beginnen und allem Unrecht in der Kraft der Wahrheit, der Liebe und der Gewaltfreiheit zu widerstehen. Die „Rüstung“ dafür: „Die Wahrheit sprechen, Einsatz für Gerechtigkeit im persönlichen und gesellschaftlichen Bereich und Gebet - das heißt, das Wissen, dass nicht ich handle, sondern dass Gott durch mich handelt. Das bedeutet Risiko, das bedeutet das Kreuz, das bedeutet vielleicht, seine Stellung zu verlieren, nicht so leicht aufzusteigen.“
Im anschließenden Gespräch mit ca. 50 interessierten Gästen betonte die 78-jährige Friedensaktivistin die Wichtigkeit der aktiven Friedenserziehung der Kinder und Jugendlichen, die nicht früh genug beginnen könne (schon die vorgeburtliche Erfahrung des Angenommenseins sein lebensprägend) und auch in den Lehrplan der Schulen aufgenommen werden sollte. Frankreich arbeite bereits an einem entsprechenden Modell. Und wir dürften nicht müde werden, unsere Politiker in die Verantwortung zu nehmen: Wieviel Geld gibt Österreich aus für Rüstung, für die Stützung von Banken oder für Erziehung, für Friedensarbeit, für Soziales…? Sie ging auch auf die Frage ein, wozu sie Gott für ihr Engagement brauche: Ja, es gäbe Menschen und Gruppierungen, die aus reinem Humanismus in die gleiche Richtung unterwegs seien und mit denen der Versöhnungsbund auch zusammenargbeite. Doch sie hätte erkannt, dass die eigenen Kräfte dazu nicht ausreichen, die Haltung der Gewaltfreiheit als Lebenshaltung zu entfalten. Die Umkehr und grundlegende Veränderung unserer Haltung, die dazu notwendig sei, brauche eine Kraft, die wir im Versöhnungsweg Jesu entdecken könnten.
Hildegard Goss-Mayr, geboren 1930, hatte als Kind die „dämonischen Kräfte des Bösen“ in Gestalt des Nazi-Regimes kennen gelernt, was ihr späteres Leben wesentlich beeinflusste. Gemeinsam mit ihrem Mann Jean Goss (+ 1991) stellte sie, inspiriert von der Botschaft der Gewaltfreiheit in der Bergpredigt Jesu, ihr Leben in den Dienst versöhnender Friedensarbeit. Beheimatet im Internationalen Versöhnungsbund wirkte sie in vielen Ländern der Erde an gewaltfreien Konfliktlösungen mit, so z.B. an der „Rosenkranzrevolution“ auf den Philippinen, die 1986 zum Sturz des Marcos-Regimes führte, und an der Ablösung der Militärregierung in Brasilien, wo sie für ihr Eintreten gegen Folter und die Ermordung Unschuldiger auch selber im Gefängnis saß. Das Ehepaar Goss-Mayr beeinflusste auch die Konzilsväter bei ihren Aussagen in der Konstitution über die Kirche in der Welt von heute („Gaudium et Spes“) über die Ächtung des Krieges, die Verpflichtung zur Friedenserziehung und die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern und wurde ein Wegbereiter für die Alternativmöglichkeit des Zivildienstes. Für ihr umfassendes Friedensengagement wurde Hilde Goss-Mayr mit mehreren internationalen Friedenspreisen ausgezeichnet.
Im Rahmen der Feier wurde auch der vom Künstler Thomas Resetarits geschaffene 7-armige Leuchter als "Friedensleuchter" entzündet.
Der Friedensraum wurde mehrmals umgestaltet und im Zug der Erneuerung des Vorraums in den Durchgang zum Kaminzimmer verlegt. Betreut und mit aktuellen Informationen bestückt wird der Raum von Mag. Dieter Kurz.
Der Raum beinhaltet:
Schon bei der Errichtung unseres Friedenszeichens der Religionen wurden wir darauf verwiesen, dass es eine internationale Initiative gibt, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Friedensgedanken über alle Religionen und Völker hinweg zu verbreiten. Im Jahr 2010 haben wir uns entschieden, uns durch die Errichtung eines Friedenspfahles dieser weltweiten Friedensbewegung anzuschließen.
Die World Peace Prayer Society (WPPS), von der diese Idee ausgeht, ist eine Nichtregierungsorganisation bei der UNO, die ihre Aufgabe darin sieht, Menschen auf der ganzen Welt im Friedensgebet „Möge Friede auf Erden sein“ (engl. „May peace prevail on earth“) zusammenzubringen.
Gegründet wurde die WPPS 1955 vom japanischen Lehrer, Dichter und Philosophen Masahisa Goi (1916-1980). Tief bewegt von den Zerstörungen des II. Weltkrieges suchte er nach Wegen zum Frieden und kam zu dem Ergebnis, dass die schlichten und doch kraftvollen Worte „Möge Friede auf Erden sein“ gleichermaßen eine Zusammenfassung der Friedenssehnsucht aller Menschen sei, auf die sich Angehörige aller Nationen, Traditionen und Religionen einigen könnten. Ein zentrales Anliegen für die World Peace Prayer Society ist es, im Sinne dieser Worte zu leben und mit ihnen das globale Friedensbewusstsein der Menschen zu ändern.
Insgesamt stehen bereits über 200.000 Friedenspfähle in mehr als 160 Ländern auf der ganzen Welt. Sie finden sich in Tempeln, Kirchen, Klöstern, Stadtzentren, Universitäten, Schulen, Gärten… Sie fungieren als stummes Friedensgebet und ermahnen uns, stets den Frieden zu visualisieren und für möglich zu halten. Durch die Errichtung eines solchen Friedenspfahles binden wir unser Friedenszeichen der Religionen in dieses internationale Friedensnetzwerk ein.
Der Friedensgedanke "Möge Friede auf Erden sein" ist auf dem Pfahl neben Deutsch auch in den benachbarten Sprachen Ungarisch, Slowenisch und Italienisch angebracht. Bei der Segnung erklang der Text auch erstmals in einer Melodie, die Hans Waltersdorfer für eine vielsprachig singbare Version geschaffen hatte.
Der Friedenspfahl, der ursprünglich am Rand des Parkplatzes am Beginn des Weges zum Haus der Stille errichtet wurde, steht seit der Umgestaltung des ganzen Friedensplatzes im Jahr 2019 zusammen mit einer alten Scheibtruhe aus der Ukraine und dem von unserem Nachbarn Rudi Frühwirth gestalteten "Friedenswerkzeug" auf einer eigens gestalteten Insel vor dem Haus.
Die Scheibtruhe stammt noch aus der sowjetischen Zeit der Ukraine und wurde zum Zeitpunkt unserer Studienreise im Juni 2007 gerade dazu benutzt, die Gebeine von Gefolterten und Hingerichteten aus der Krypta eines ehemaligen Klosters zu bergen, das von den Sovjets als Gefängnis verwendet worden war. So kann diese Scheibtruhe daran erinnern, zu welcher Unmenschlichkeit ein gottloses totalitäres System führen kann.
Die Aussage von Papst Johannes Paul II. "Der Friede wartet auf seine Erbauer", die das Friedenszeichen der Religionen prägt, hat Rudi Frühwirth dazu inspiriert, verschiedenes Maurerwerkzeug zusammenzuschweißen, um sichtbar zu machen, dass der Friede auch Kraft und Anstrengung erfordert. Von selbst geht da nichts.
Der auf dem Hügel hinter dem Friedenszeichen ausgelegte Schriftzug "FRIEDE" sorgt dafür, dass das Haus der Stille auch auf Satellitenaufnahmen (Google Earth) als Ort des Friedens identifiziert werden kann.
Gekrönt wird der Hügel von internationalen Fahnen, die sichtbar machen, dass der Friede der Religionen und der Friede der Nationen Hand in Hand gehen müssen.
Solange die Gemeinschaft im Haus der Stille (v.a. auch durch die vielen Flüchtlinge) ein Vielvölkergemisch war, machten die Fahnen die verschiedenen Fahnen die Herkunftsländer der Bewohner sichtbar.
Für das Jubiläum "40 Jahre Haus der Stille" im Jahr 2019 wurde eine eigene Haus der Stille-Fahne kreiert und in die Reihe der Fahnen eingefügt. Zeitweise Lücken werden mit "Gebetsfahnen" aufgefüllt: Die Reste zerschlissener Fahnen werden von Gemeinschaftsmitgliedern mit Gebetstexten beschriftet und zu neuen Fahnen zusammengenäht.
Begrüßt werden die Besucher bereits an der Straße von Franziskus, dem "Freund aller Menschen".
Am Sonntag, dem 9. Oktober 2011, wenige Tage, bevor sich Papst Benedikt XVI. 25 Jahre nach seinem Vorgänger Johannes Paul II. neuerlich mit Vertretern verschiedener Religionen in der Stadt des hl. Franziskus zum Gebet und Dialog für den Frieden traf, wurde unsere neue Franziskusstatue gesegnet. „Franziskus, Freund aller Menschen“ nennt der Künstler Franz Donner sein Kunstwerk, das von P. Willibald Hopfgartner ofm, dem neuen Guardian des Grazer Franziskanerklosters, gesegnet wurde.
In seiner Predigt betonte P. Willibald, dass die Statue in exponierter Lage auf dem „Friedenshügel“ beim Haus der Stille eine Einladung sei, mit Franziskus in die Welt zu schauen. Franziskus könne uns lehren, nicht nur das Äußere zu sehen, sondern das innere Wesen, den Sinn der Welt zu „schauen“. Den Menschen mangle es zunehmend an Dankbarkeit für alles, was „es gibt“. Allein in dieser Redewendung – hier bezog er sich auf den österreichischen Philosophen Ferdinand Ebner – werde deutlich, dass die Welt uns „gegeben“ ist. Von wem? Eine Deutung der Welt nur aus sich selbst ohne eine Annahme Gottes greife zu kurz. Die Bibel
sagt: die Schöpfung ist Gottes Gabe an den Menschen. Ihm anvertraut, dass er sie bebaue und dem Schöpfer den Dank erstatte, der ihm gebührt. Und hier sei auch der gemeinsame
Nenner aller Religionen zu finden, die auch in der Franziskusstatue integriert sind.
Franz Donner erläuterte bei der Segnung noch, dass er Franziskus bewusst „ausgehöhlt“ gestaltet habe. Wie Franziskus müsse man sich zuerst loslösen und „leer machen“, um zu dieser Welt und Menschen umspannenden Weite dieses großen Heiligen zu finden.
Flankiert wird die Statue von Fahnen jener Nationen, aus denen die Gäste vom Haus der Stille in diesem Jahr vorrangig gekommen sind, von Österreich über benachbarte Länder bis Somalia, Nigeria und Irak. So soll sichtbar werden, dass der Friede unter den Religionen und der Friede unter den Nationen unabdingbar zusammen gehören.
So wie Franz von Assisi in einer Zeit der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Nationen und Religionen mehrfach zum Friedensstifter und Förderer des Dialogs wurde, so möge auch für uns sein Bild eine Aufforderung werden, immer wieder als „Werkzeuge des Friedens“ an der Gestaltung unserer gemeinsamen Welt mitzuwirken.
Im Zuge der Zusammenlegung unserer bisherigen Gemeinde Sankt Ulrich am Waasen mit der Marktgemeinde Heiligenkreuz am Waasen, suchten wir um die Änderung unserer bisherigen Adresse "Rosental 50" auf "Friedensplatz 1" an.
Der Gemeinderat genehmigte die Änderung per 1.8.2015. Es ist auch eine Würdigung für die langjährige Friedensarbeit im Haus der Stille.
Im Zug der Generalsanierung zu unserem Jubiläumsjahr 2019 (40 Jahre Haus der Stille) wurden auch der Friedensplatz und der Zugangsweg zum Haus der Stille neu gestaltet. Somit ist der ganze Friedensplatz nun so etwas wie eine Visitenkarte vom Haus der Stille.
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