“Franziskus, dieser glückliche Wanderer, hatte seine Freude an den Dingen, die in der Welt sind, und nicht einmal wenig… In jedem Kunstwerk lobte er den Künstler; was er in der geschaffenen Welt fand, führte er zurück auf den Schöpfer. Er frohlockte in allen Werken der Hände des Herrn, und durch das, was sich seinem Auge an Lieblichem bot, schaute er hindurch auf den lebenspendenden Urgrund der Dinge. Er erkannte im Schönen den Schönen selbst; alles Gute rief ihm zu: ‘Der uns erschaffen, ist der Beste!’ ” (2 Cel 165)
Diese wunderbare Zusammenfassung eines geglückten (= heiligen) Lebens finden wir in Thomas von Celanos Lebensbeschreibung über den heiligen Franz von Assisi. In diesen Worten ist verdichtet, was Francesco ein Leben lang gelebt hat: eine innige Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, die über die innige Beziehung zu den Geschöpfen führt. Der Sonnengesang ist die Zusammenfassung dieser lebenslangen Beziehung.
Die Integration von Gegensätzen
In Worte fassen konnte Franziskus den Sonnengesang aber erst gegen Ende seines Lebens, nachdem er auch durch Krankheit, innere Krisen, Einsamkeit und Enttäuschung gegangen war. Erst in dieser Situation konnte die Erkenntnis reifen, dass das, was für uns Menschen so gegensätzlich und unvereinbar scheint wie Tag und Nacht, Feuer und Wasser, Himmel und Erde – und letztlich: Leben und Tod – zusammengehört wie Bruder und Schwester, wie zwei Seiten einer Medaille.
Und so konnte der Sonnengesang erst in den letzten Lebenstagen von Franziskus seine Vollendung erfahren mit der letzten Strophe: “Gepriesen bist du, o Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod, dem kein Mensch lebend entrinnen kann…”
Erst in diesem Augenblick wird der Sonnengesang das, was er von Anfang an ist: das Lied einer großen Versöhnung. Solche Worte kann nur ein Mensch finden, der mit seinem ganzen Leben versöhnt und in Einklang ist: mit Licht und Schatten, mit Freude und mit Schmerz und Leid – und schließlich auch mit dem Tod.
Franziskus starb relativ jung im Alter von 44 Jahren – und dennoch nach einem erfüllten und versöhnten Leben.
Ein österlicher Weg
Was lag näher, als den österlichen Weg Jesu, der auch erst durch Leid und Tod zur Erfahrung der Auferstehung führen konnte, auch einmal im Licht des Sonnengesangs zu betrachten?
Auf diesem inhaltlichen Hintergrund konnten wir auch in diesem Jahr wieder mit vielen Gästen Ostern feiern als Höhepunkt des Kirchenjahres. Neben den inhaltlichen Impulsen zum Sonnengesang wurden die liturgischen Feiern besprochen und gemeinsam vorbereitet, die selbstverständlich das Zentrum der “Drei Heiligen Tage” bilden. Gemeinsames Zusammenhelfen beim Vorbereiten und gemeinsames Feiern gehen zu Ostern Hand in Hand.
Und tatsächlich gab es auch ein kleines Osterwunder: Am Mittwoch, als das Ostertreffen begann, kam endlich die Firma, die unsere Hauptglocke mit neuem Motor und neuem Klöppel wieder in Gang setzte. Auch die Programmierung der neuen Schaltuhr funktionierte, sodass die Glocken am Karfreitag und Karsamstag tatsächlich schwiegen, um am Ostermorgen umso voller zu erklingen. Ein herzliches Danke allen Spender:innen, die diese Reparatur ermöglicht haben!
Groß war auch die Freude über die Kreativität und Liebe unseres Küchenteams bei der Gestaltung des Osterbuffets, an dem wir uns zwischen den beiden Teilen der Auferstehungsfeier – der Lichtfeier im Morgengrauen und der Eucharistiefeier am Vormittag – stärken und erfreuen konnten.
Neben vielen verschiedenen Tonbeispielen zum Sonnengesang, mit denen die Impulse begleitet wurden, gab es auch ein neues Lied von Hans Waltersdorfer, das im Auferstehungsgottesdienst zum ersten Mal gemeinsam gesungen wurde:
Im Bund mit dem Leben stehn
ein Bündnis schließen gegen allen Tod,
entschieden miteinander gehn
gegen alles, was es bedroht.Liedtext von Hans Waltersdorfer
- Wer kann unsre Welt noch retten, die längst in ihren Fugen ächzt?
Wer wird diesen Krieg beenden, da die Welt nach Frieden lechzt? - Miteinander kann gelingen, wofür die eigne Kraft nicht reicht.
Und dann werden wir erleben, wie die Angst der Hoffnung weicht. - Gott hat seinen Bund geschlossen und will mit uns am Frieden baun.
Menschen, die mit Gott im Bunde, können seinem Wort vertraun.
Von der Sehnsucht nach Frieden quer durch alle Sprachen und Völker spricht auch die Osterkerze, die in diesem Jahr wieder von Lisi Waltersdorfer gestaltet wurde.
Zum ersten Mal so richtig zum Einsatz kamen bei der Auferstehungsfeier mit der großen Prozession durch den Garten der Stille auch die von Maria Grentner geschaffenen liturgischen Mäntel für die Träger:innen der Osterkerze. Mehr darüber…
Nur der Sonnenaufgang am Ostermorgen wollte nicht so ganz klappen. Zu dicht lag die Dunstglocke aus Saharastaub über der Landschaft, sodass die Sonne den ganzen Tag lang Mühe hatte, den Schleier zu durchdringen.
Ostern im Bild
Neben den bereits beschriebenen Elementen findest du auf den folgenden Bildern auch noch Eindrücke vom Osterfeuer, das seit Jahren von Michael Kaiblinger kunstvoll geschichtet, entzündet und gehütet wird, vom Debüt von Sebastian Schlöglmann als Sänger des Exsultet, vom Blumenschmuck in der Kirche, den wieder Renate Kaiblinger gestaltet hat, vom Tanz auf dem Labyrinth, der von Hedi Mislik angeleitet wurde, von der Feuersegnung am Samstagmorgen – ein spezieller steirischer Brauch, bei dem Kinder die gesegnete Glut in die Häuser tragen, wo bereits das Osterfleisch gekocht wird, das dann am späteren Vormittag bei der großen Osterspeisensegnung von P. Sascha Heinze gesegnet wurde.
Fotos: Tanja Shahidi, Maria Grentner, Lisi und Hans Waltersdorfer