Es war ein reiner Zufall, dass die Eröffnung der aktuellen Ausstellung „Kunstwerke von A – Z“ im Haus der Stille am 23. September 2021 in die „Woche der Demenz“ fiel, eine Zeit rund um den Welt-Altzheimertag (21. September), in der das Thema medial sehr präsent war. Denn ein Bewusstsein für das Thema der Demenzerkrankung zu schaffen, ist das Anliegen von Hermine Pucher, deren Name über der Ausstellung steht. Die eigentlichen Künstler:innen aber sind Menschen, die selbst an Demenz erkrankt sind. Bewohner:innen des Seniorenparks Oberaich im Alter von 71 bis 95 Jahren haben unter ihrer Anleitung diese Bilder und Collagen geschaffen.
Erinnerungen an freudige und heitere Lebenserfahrungen, aber auch Schweres und Bedrückendes fließt aus dem Unterbewusstsein in die Bilder ein, so wie z.B. beim Bild „Ausgeglichen“. Oft schon hatte die alte Dame bei den Besuchen von Hermine Pucher ihre Trauer über den Verlust ihrer Heimat zur Sprache gebracht, bis Frau Pucher sie einlud zu malen. Unter einer erdigen musikalischen Begleitung flossen Depressionen, Wut und Trauer in das Bild, und sie wiederholte immer wieder, das sei „ihre Wiese, ihr Acker, ihr Hang, ihr Wald“. Plötzlich sprach sie mitten in diese Wortmelodie das Wort „ausgeglichen“ und walzte, klebte und sang die Worte weiter, bis das Bild fertig war. Ihre Bewegungen wurden gemächlicher, ihr Gesichtsausdruck friedlicher, ihr Lächeln strahlte zurück ins Bild. Seit diesem Bild war aus ihrem Mund nie wieder Trauer über ihre Heimat zu hören.
So steckt hinter jedem einzelnen Bild von „Ausgeglichen“ bis „Zeitreise“ eine ganz persönliche Lebensgeschichte. Viele der Hintergründe, die den Zugang zu diesen Bildern erst erschließen, sind in einem Begleitheft festgehalten, das bei der Ausstellung aufliegt.
Hermine Pucher aus Turnau im Mariazellerland hatte zunächst 26 Jahre lang als Kindergärtnerin gearbeitet, bis ihr eigener Lebensweg sie zur beruflichen und ehrenamtlichen Begleitung von alten Menschen führte. Nach einem Burnout absolvierte sie eine Ausbildung zur Seniorenanimation. Das Malen und die Musik sind ihre „Herzensöffner“.
Die Ausstellung in der Ganggalerie im Haus der Stille ist noch bis 13. Jänner 2022 zu sehen.