Durst nach Wasser, Durst nach Leben, Durst nach Liebe, Durst nach Beziehung, Durst nach Gott. So beschreibt uns heute die Geschichte aus dem Johannesevangelium die Situation Jesu, die Situation der Samariterin, die Situation des Menschen.
Durst ist ein Synonym für die Sehnsüchte unsers Lebens. Er oder sie „dürstet nach Liebe“, sagen wir manchmal. Nach Liebe dürsten, nach Anerkennung dürsten, nach Zuwendung dürsten, nach Erfolg dürsten, nach Macht dürsten. Eine Aussage darüber, dass im konkreten Leben zu wenig eigentliche innere Erfüllung vorhanden ist. Es entsteht eine Leere, die mit Macht, mit Geld, mit Sexualität, mit Anerkennung gefüllt wird.
Durst im wörtlichen physischen Sinne habe ich nur, wenn ich zu wenig getrunken habe. „Durst tritt dann auf, wenn diese Verluste nicht ausreichend ausgeglichen werden.“ Sagt die Definition. Durst ist also eine Mangelerscheinung. Jesus möchte uns heute auf einen Weg zu einem guten, ausgeglichenen inneren Haushalt führen, damit wir nicht mehr durstig sein müssen.
„Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.“
Und damit kommt Jesus zu seiner eigentlichen Botschaft dieser langen Erzählung. Er unterhält sich mit der Frau aus Samarien über die wahre Anbetung. Wir sollen im Geist und in der Wahrheit anbeten. Von dort fließt uns das Wasser zu, von dem Jesus spricht, nach dessen Genuss wir keinen Durst mehr haben werden, sondern das in uns zu einer sprudelnden Quelle werden kann. Die Anbetung: eine Frömmigkeitsform, die für uns ein sperriger Begriff geworden ist, da er mit althergebrachter Frömmigkeit oder mit neuer charismatischer Frömmigkeit in Verbindung gebracht wird.
„Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen. Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden.“
Anbetung erfolgt also an dem Ort, an dem ich wohne, an dem ich gerade bin. Anbetung erfolgt in mir, indem ich ich selbst werde. Indem ich ganz bei mir und in der Gegenwart bin. Indem ich die Bedingungen, die Realitäten meines Lebens anschaue und sie auf den Weg des Lebens, hin zu meiner Existenz bringe. Indem ich wahrhaftig existiere, bete ich Gott an. Und die geglaubte Gegenwart Gottes hier in der Kirche, in den Gestalten von Brot und Wein, wo wir vielleicht den bisher „normalen“ und einzigen Ort der Anbetung vermutet haben, kann für uns eine Form der Anbetung sein, in der uns die Gegenwart Gottes in unsere Gegenwart bringen kann.
Denn Gott ist Gegenwart. Er ist Geist, und er ist Wahrheit, und so und dort möchte Gott angebetet werden, so Jesus. Eine lange Geschichte, eine Geschichte mit vielen Facetten, die Geschichte der Frau am Jakobsbrunnen. Einem Brunnen, der vom Stillen physischen Durstes über die Dürste nach Erfolg, Macht, Anerkennung, Geld und Sexualität in die lebendige Quelle der Gegenwart Gottes, der Anbetung „im Geist und in der Wahrheit“ führt, in der wir uns uns selber zuwenden dürfen.
Sascha Heinze SAC