Es ist eine alte Erkenntnis, dass das Lernen nicht aufhört. Meine Hoffnung, nach meinem Schulabschluss endlich nichts mehr lernen zu müssen, hat sich Gott sei Dank nicht erfüllt. Das weitere Leben und mein Beruf haben mich anderes gelehrt. Lernen gehört zum Leben dazu, auch wenn wir es oft nicht mehr möchten, „da wir ja schon genug gelernt haben“.
Die rasante Entwicklung in Technik und Welt tut ihr Übriges dazu. Ebenso verhält es sich für uns Menschen im ganz persönlichen Leben. Wir sind ständig aufgerufen, uns mit unserem Leben auseinanderzusetzen, damit wir mit dem Leben zurechtkommen, damit wir das eigene Leben und das Leben anderer verstehen lernen.
Wenn wir uns hier verweigern, sind wir gefährdet, den einfachen Antworten, die uns heute bald an jeder Ecke angeboten werden, zu glauben. Doch das Leben lässt oft keine einfachen Antworten zu.
Doch wo nach sollen wir nach Antworten suchen? In Deutschland fällt die Kirche als Antwortgeberin durch den Missbrauchsskandal weitestgehend aus. Darüber sind sich die Leitmedien und auch viele Verantwortliche in der Kirche mittlerweile einig. Wo also finden wir Antworten auf die Fragen, die unser Leben bewegen?
Ich habe mir vor ein paar Jahren angewöhnt, mich der Mühe des Lesens von Gebrauchsanweisungen zu stellen. Mittlerweile habe ich auf meinem Handy ein eigenes Fach, in dem sich die diversen Gebrauchsanweisungen befinden. Und mittlerweile ist das Hinzufügen und das Sich-damit-Auseinandersetzen normal geworden, auch wenn es manchmal mühsam ist. Manchmal ist es mühsam, zu suchen, zu finden, zu verstehen, wo das Problem, wo und wie die Antworten auf meine Frage zu finden sind. Doch ohne das manchmal nervige Studium der Gebrauchsanweisung komme ich bei einem aufkommenden Problem nicht weiter. Wenn ich mich nicht damit auseinandersetze, dann ärgere ich mich, dann lasse ich es sein, dann nutze ich manche Dinge nur zu einem Bruchteil, weil ich mir nicht die Mühe machen möchte, der Frage auf den Grund zu gehen, nicht die Mühe machen möchte, das zu Fragende zu ergründen und zu verstehen.
Paulus und auch Jesus geben uns heute Gebrauchsanweisungen für das Leben mit.
„Ich erinnere euch, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündet habe. Ihr habt es angenommen; es ist der Grund, auf dem ihr steht. Durch dieses Evangelium werdet ihr gerettet werden, wenn ihr festhaltet an dem Wort, das ich euch verkündet habe, es sei denn, ihr hättet den Glauben unüberlegt angenommen.“
Etwas unüberlegt annehmen bedeutet, nicht zu verstehen versuchen, was ich glaube, mich nicht mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, damit ich meine Antwort darin finde. Anders als über die Auseinandersetzung, damit ich meine Antwort finde, geht aber auch Glauben nicht. An dieser Auseinandersetzung scheitern heute viele Menschen, da sie sich nicht die Mühe machen, Lernende, Fragende, Suchende zu sein und zu bleiben.
Jesus, so wird uns berichtet, begegnet einer Volksmenge, die ihn hören wollte. Welche Botschaften, welche Nachrichten möchten wir hören? Die, welche ohnehin unsere Meinung wiedergeben? Oder suchen wir nach einer Botschaft, weil wir Suchende, weil wir Fragende, weil wir unsichere Menschen sind, die sich nicht mit den einfachen Antworten zufrieden geben. Menschen, die auf der Suche sind und bleiben.
„Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!“ Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! Fahrt nicht dahin, wo es seicht und vermeintlich sicher ist. Fahrt nicht dahin, wo es trüb und oberflächlich ist. Fahrt hinaus, wo es tief ist, dort werft eure Netze aus. Fahrt hinaus, wo es tief ist. Fahrt hinaus, bleibt nicht in eurer sicheren Komfortzone. Fahrt da hin, wo es tief, wo es unsicher, wo es unübersichtlich ist. Fahrt da hin, wo ihr in die Tiefe müsst, dorthin, wo es vielleicht unangenehm ist, weil in der Tiefe das Unbekannte, aber doch auch die Weisheit wohnt.
Dafür steht dieses Bild. Weisheit, Lebensweisheit, die Gebrauchsanweisung für unser Leben, finden wir nur in der Tiefe unseres Lebens. Trauen wir uns also hinaus, dorthin, wo wir die Antworten des Lebens finden können. Und dass die Jünger dort Weisheit finden, zeigt die Reaktion des Simon Petrus. „Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!“ Als Simon Petrus sieht und erkennt, erkennt er seine Bedürftigkeit, erkennt er sich als Mensch.
Darum geht es beim lebenslangen Lernen, dass wir uns im Spiegel der Weisheit Gottes, der Weisheit der Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben erkennen. Jesus, die Botschaft der Bibel, bietet uns, trotz der Unzulänglichkeit und Sündhaftigkeit der Kirche, in dieser Kirche eine Gebrauchsanweisung für unser Leben an. Wagen wir es, sie aufzuschlagen und zu lesen, bis wir verstehen.
Sascha Heinze SAC