Wir alle sind verwoben, alles hängt mit allem zusammen. Das erleben wir gerade auf der materiellen Ebene, wenn wir von Getreideexporten, Gaslieferungen und Lieferketten hören und manche Zusammenhänge verstehen lernen. Die weltweite Wirtschaft hat das materiell verwirklicht, was wir als Menschen auf emotionaler und gefühlsmäßiger Ebene noch erkennen, erfahren und verwirklichen zu lernen unterwegs sind. Verbundenheit, kollektives Bewusstsein, Offenheit für andere und anderes, ist manchmal anstrengend, verunsichert und fordert heraus.
Papst Franziskus fordert manchmal eine „Globalisierung der Solidarität und des Mitgefühls“. Die Globalisierung, die wir erleben, von der manche sagen, dass sie schon an ihre Grenzen kommt, hat viele Gesichter. Sie schafft Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zugleich. Sie schafft Zusammenhalt und Entfremdung zugleich. Sie schafft Nähe und Distanz zugleich. Sie schafft Wohlstand und Armut zugleich. Hier zeigen sich einige Defizite, und somit ist noch einiges ins Gleichgewicht zu bringen und im Sinne der globalen Gerechtigkeit zu verändern und weiterzuentwickeln. Viele Menschen fühlen sich heute verbunden, spüren kollektive Bewegungen, Traumata, Schmerzen, Freuden. Als das macht unsere Wirklichkeit zurzeit aus, prägt sie und ist Auftrag, sich in ihr und mit ihr zu bewegen und zu entwickeln.
Paulus beschreibt uns heute, wie er diese Verbundenheit erlebt und empfindet. „Ich freue mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Ich ergänze in meinem irdischen Leben, was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt an seinem Leib, der die Kirche ist. Ihr Diener bin ich geworden gemäß dem Heilsplan Gottes, um an euch das Wort Gottes zu erfüllen.“
Paulus formuliert diese Erfahrung und dieses Gespür für Verbundenheit, die noch über die irdische Verbundenheit hinausgeht. „Ich ergänze in meinem irdischen Leben, was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt…“ Wir könnten übersetzen: Ich gehe in seinem Geist weiter und erlebe, was es an Mühe und Freude bringt, wenn ich mich für Liebe, für Gerechtigkeit, für Gott einsetzte.
Paulus schreibt von einem Heilsplan Gottes, in dem er sich und seinen Auftrag sieht. Der Heilsplan Gottes ist die Voranschreitung, die Entwicklung der Welt. Und Entwicklung hat immer auch mit Schmerzen, mit Freuden, mit Geduld, manchmal mit Rückschlägen, mit Wachstum, mir Irrtum, mit Stagnation, mit Auseinandersetzung und Reflexion, mit Suchen, Finden und Antworten zu tun. Dieser Heilsplan „ist jenes Geheimnis, das seit ewigen Zeiten und Generationen verborgen war – jetzt aber seinen Heiligen offenbart wurde. Ihnen wollte Gott kundtun, was der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses unter den Völkern ist: Christus ist unter euch, die Hoffnung auf Herrlichkeit. Ihn verkünden wir; wir ermahnen jeden Menschen und belehren jeden Menschen in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen vollkommen darstellen in Christus.“
Dieser Heilsplan ist die Erkenntnis, das Verstehen, das Verwirklichen und Leben der Christuswirklichkeit, die in allem ist. Auch wenn wir das, wenn wir auf den Zustand der Welt und unseres Lebens blicken, nicht immer verstehen. So wie wir uns meist schwer damit tun, die Geschichte von Marta und Maria als eine Einheit zu sehen. Auf dem Weg der Schule der Nachfolge geht es immer mehr darum, zu lernen und zu verstehen, abzuwägen und achtsam zu sein, was ist wann wie wichtig; es geht darum, Dualismen zu überwinden und das Sowohl-als-Auch zu erkennen und zu leben.
Das Leben folgt nicht dem Buchstaben des Gesetzes, es folgt nicht der Logik der Prinzipientreuen, es folgt nicht denen, die sich „Österreich zurückholen möchten“. Das Leben folgt der Freiheit und dem Gespür, was wann wichtig ist, was wann dran ist, was wann möglich ist, was wann zu verwirklichen ist. Und es fordert von uns Geduld, Ausdauer, Weitsicht und Offenheit, sonst sind wir anfällig für Ideologien, für Fundamentalismus, für Populismus und die Versuchung der einfachen Antworten. Doch wir haben es gerade meditiert, das Leben, der Heilsplan, die Welt und unser Leben ist komplexer, ist vielschichtiger, und es bedarf eines guten Gespürs, eines wachen Geistes und des liebenden Blicks auf das Leben, um hier gut voran und weitergehen zu können.
Sascha Heinze SAC