Vor ein paar Tagen wurden in den Bischofskirchen die heiligen Öle geweiht. Öle, die bei besonderen kirchlichen Feiern verwendet werden, um die Nähe Gottes, um die Würde des Menschen, um die zärtliche Zuwendung menschlicher Nähe zum Ausdruck zu bringen. Aber auch, um das Öl selbst sprechen zu lassen, mit seinem Duft, mit seiner Geschmeidigkeit, mit seiner Zartheit.
Öl ist seit alters her ein Zeichen der Fürsorge, ein Zeichen der Zuneigung, ein Zeichen der Würde für den Körper. „Im Alten Testament unterstrich eine rituelle Salbung die besondere Würde und Verantwortung von Königen, Priestern und Propheten und zeichnete diese als von Gott Gesegnete und Beauftragte aus“, so das Liturgische Institut. Öl wurde also in die Liturgie, die immer auch zur Heilung beitragen möchte, aufgenommen.
„Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Mágdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Sálome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben.“ Die Frauen gehen mit Öl zum Leichnam Jesu, um ihn zu salben. Die Salbung eines Verstorbenen war ein Akt der Ehrung und des Respekts. Es war üblich, die Körper Verstorbener mit Ölen und Duftstoffen zu salben, um sie für die Bestattung vorzubereiten und um den Verwesungsprozess zu verlangsamen.
„Versöhnt mit Leben und Tod“, so das Thema des heurigen Ostertreffens. Vielleicht wäre diese Salbung des Leichnams Jesu auch ein innerer Vorgang der Versöhnung mit Leben und Tod gewesen, der den Frauen geholfen hätte, mit diesem Schicksalsschlag fertig zu werden? Die Frauen waren bereit, sich von ihm zu verabschieden. Sie gingen den Weg der Zumutung der Versöhnung mit Leben und Tod.
Ostern, die Feier der Auferstehung, jede Liturgie, möchte Versöhnung und Frieden mit dem Leben und dem Tod in uns fördern. Friede, durch Zustimmung und Versöhnung mit dem Leben und dem Tod. Friede, damit wir im Jetzt gut leben können. Friede, damit Leben, Versöhnung, Heil, Zukunft aufleben können. Und auf diesem Weg zum Leichnam Jesu passiert ihnen das Unerwartete, das Unerhoffte, das Überraschende.
„Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß.“ Sie werden in eine Wirklichkeit hineingezogen, mit der sie nicht gerechnet hatten. Sie werden mit einem Erleben konfrontiert, das sie nicht erwartet hatten. Sie wollten sich von ihm verabschieden, und nun heißt es: „Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier.“ „Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ Erschreckt nicht! „Der hat gut reden“, könnten wir entgegnen. Am Schluss der Geschichte heißt es: „Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“
Lebensverändernde Erfahrungen können uns erschüttern. Auferstehung ist nicht immer fein, geschmeidig, froh und mit Aufbruchstimmung zu nehmen. Manchmal begleitet uns Schmerz, Entsetzen, Schrecken. Wenn wir eine Beziehung beenden, die uns nicht guttut. Wenn ein Mensch aus dem Leben gerissen wird, und so ein Loch in unser Leben reißt. Wenn wir täglich Bilder und Nachrichten mitbekommen, die von Krieg, Tod, Leid in Europa, im Nahen Osten, von den Folgen des Klimawandels und der Migration handeln, und uns Leid und Tod vor Augen führen.
Die Frauen mussten vermutlich erst einmal zu sich kommen, sich fangen, sich trösten, aushalten, mit dem Eindruck umzugehen versuchen. „Versöhnung mit Leben und Tod“ ist oft ein schwieriger Prozess, der Schmerzen und Erschrecken verarbeiten, integrieren und ordnen muss. Doch manchmal wird uns die Erfahrung der Auferstehung zugemutet, damit wir neues Leben finden. Die Geschichte geht noch weiter: „Als Jesus am frühen Morgen des ersten Wochentages auferstanden war, erschien er zuerst Maria aus Magdala, aus der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte. Sie ging und berichtete es denen, die mit ihm zusammen gewesen waren und die nun klagten und weinten.“
Es wird in Folge einige Begegnungen des Auferstandenen mit verschiedenen Menschen brauchen, bis diese Erfahrung von ihnen geglaubt werden konnte. Versuchen also wir, den Erfahrungen der Auferstehung, wenn sie uns geschenkt werden, zu trauen. Versuchen wir, unserem Glauben zu trauen, der uns die Möglichkeit der Auferstehung als Versöhnung von Leben und Tod vor Augen hält, und der uns heute, am Beispiel Jesu, davon erzählt.
Sascha Heinze SAC