In diesem Jahr jährt sich der Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant zum 300sten mal. Aus diesem Anlass, finden sich viele Artikel in den Feuilletons der Zeitungen und Bücher in den Buchläden, die auf diesen Anlass hinweisen.
Sie weisen aber vor allem darauf hin, dass die Benutzung des eigenen Verstandes – wie es Immanuel Kant gelehrt hat – wieder in den Mittelpunkt der heutigen gesellschaftlichen Debatten und in das private Nachdenken gerückt werden müsse.
„Sapere aude“: „Wage es, weise zu sein“ – oder in der Übersetzung Immanuel Kants: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“
In unserer Zeit, in der die Herausforderungen komplex, die Fragen viele und das Suchen nach Antworten schwierig ist, in dieser Zeit sind wir, jede und jeder von uns, aufgefordert, uns unseres Verstandes zu bedienen, um durch den Prozess des Nachdenkens, des Auseinandersetzens und des Verstehens die für uns richtigen Schlüsse zu ziehen.
Dazu gehört aber auch das moralische Anliegen Kants, wie er es im kategorischen Imperativ formuliert: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Meine Schlussfolgerung und meine Antwort, die sich mir im Nachdenken erschließt, muss nach Kant dazu taugen, ein allgemeines, moralisch wertvolles Gesetz werden zu können.
Wenn wir heute Pfingsten feiern, dann feiern wir den Heiligen Geist. Dann feiern wir den Geist Gottes, so wie Jesus ihn uns verheißen hat. „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt.“ Der Geist, der mir geschenkt wird, muss anderen nützen!
Weiter heißt es: „Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt.“ Durch die Taufe, wurden wir alle zu einem Leib Christi, den wir auch in der Gestalt des Brotes nachher wieder empfangen und darin erkennen dürfen: Alle, so unterschiedlich wir sind, alle gehören wir dem einen Leib Christi an.
Und deswegen gehört die Auseinandersetzung miteinander, gehört der Austausch untereinander, gehört das Schauen und Hören aufeinander, gehört der Kompromiss zum Wesenskern christlicher Existenz.
„Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt.“ „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Diese Gedanken Immanuel Kants sind eine andere Ausdrucksform dieses Gedankens des Apostels Paulus. Die Offenbarung des Geistes die anderen nützt, fällt für uns nicht einfach vom Himmel. Sie ist die Kraft, die in der Fähigkeit und in der Nutzung unsers Verstandes liegt, damit wir Entscheidung treffen, Meinungen finden, Aussagen machen, die „anderen nützt.“
Das heutige Fest, möchte in uns die Fähigkeit stärken und entlocken, uns vom Geist Gottes führen zu lassen. Die adäquate Nutzung unseres Verstandes ist ein Weg, dem Geist Raum zu geben. Jede und jeder von uns ist aufgefordert, sich dem Geist zu öffnen, damit er wirken kann, damit wir Frieden finden. Einen Frieden den Jesus seien Jüngern heute wünscht. Die bei verschlossenen Türen, also zurückgezogen und in eigenen Fragen und Sorgen gefangen, beieinander sind. Er tritt in ihre Mitte und sagt: „Friede sei mit euch!“ Die Begegnung mit dem Geist Gottes möchte uns ermutigen, rauszugehen aus unserer Resignation, aus manchen Ängsten und Zweifeln. Die Begegnung mit dem Geist Gottes möchte uns ermutigen, uns der Auseinandersetzung, uns dem Nachdenken zu stellen. Auch wenn es manchmal mühsam ist. Aber wenn wir es versuchen, können wir Pfingsten erleben.
Sascha Heinze SAC